Organische Architektur in  

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich in Ungarn eine völlig eigene Form organischer Architektur entwickelt, die einen starken Einfluss ungarischer Volksarchitektur und Bautradition aufweist. Einer der wichtigsten Anführer dieser Strömung ist der 1935 in Budapest geborene Architekt Imre Makovecz. 

Bei Imre Makovecz ist die ungarische Volksarchitektur und Handwerkstradition ein wichtiger Nährboden seines Werkes. Diese Tradition hat er mit Einflüssen aus den diversen organischen Richtungen bereichert und ihnen in der Folge einen expressiven Charakter verliehen. Während der vergangenen Jahrzehnte hat seine Arbeit viele Nachfolger gefunden und ist zu einer breiten, nahezu nationalen Bewegung angewachsen.

Sein frohes Werk ist größtenteils noch unter kommunistischer Herrschaft entstanden und kann als ein Protest gegen den uniformen und unmenschlichen Charakter der Architektur jener Zeit betrachtet werden. Als Reaktion hierauf vertiefte er sich in die ungarische Volksarchitektur, wobei er entdeckte, dass viele Gebäudeteile traditionell mit Namen bezeichnet werden, die dem menschlichen Körper oder lebendigen Organismen entlehnt sind. Diese Entdeckung wird in seinen Entwürfen in eine Formgebung übersetzt die anthropomorphe Züge aufweist. Ein frühes Beispiel hierfür ist die Aufbahrungskapelle eines Friedhofs in Budapest, die eine starke Ähnlichkeit mit dem menschlichen Brustkasten aufweist. Ein späteres Beispiel ist die evangelische Kirche von Siófok, die durch ihr symmetrisch angeordnetes Entree und die runden Fenster die Assoziation eines Gesichts hervorruft.

Ohne wortwörtlich auf die Vergangenheit zurückzugreifen, erhält Makovecz' Formgebung hierdurch beinahe mythologischen Charakter. Dieser wird noch verstärkt durch die häufige Verwendung von Holz - das durchaus auch unbearbeitet zum Einsatz kommt - und der Dominanz seiner Dächer. Manche Gebäude wie die katholische Kirche von Paks, bestehen nahezu vollständig aus einem bis auf den Erdboden heruntergezogenen Dach. Da das Dach direkt auf der aufgeworfenen Erde ruht, rufen solche Bauwerke das Gefühl der Einheit von Himmel und Erde hervor, wie es für viele traditionelle Bauten charakteristisch war.

Es fällt auf, dass viele der Entwürfe von Imre Makovecz Naturparks, soziale Zentren und Kirchen betreffen. Dasselbe gilt auch für die Arbeiten zahlreicher junger ungarischer Architekten, die sich von Makovecz' Ideen und Entwürfen haben inspirieren lassen. Beispielsweise entwickelte Dezsö Ekler eine Reihe expressiver Projekte auf dem Gebiet des Landbaus und des Naturschutzes. Ervin Nagy wandte sich insbesondere kulturellen Einrichtungen und städtischen Wohnkomplexen zu. Auch wenn ihre Formgebung Fragen nach ihrer Beziehung zur modernen Zeit aufwirft - im Vergleich mit der jüngsten Vergangenheit liefern sie eine beredte Architektur, die fest in lokalen Traditionen wurzelt, von kommunikativer Art ist und von spirituellen Werten zeugt.


Ungarisches Bauernhaus

Friedhofskapelle Budapest
Imre Makovecz

Weingut, Mezözombor
Dezsö Ekler

Wohn-/Büro-/Geschäftshaus
Hattyú-ház, Budapest
Ervin Nagy, 1998

Kulturzentrum Hagymaház, Makó
Imre Makovecz, 1998