Frömmigkeit für Unterwegs – Die ökumenische Autobahnkapelle „Emmaus“ in Engen

Als im Jahr 2005 an der Autobahnraststätte Hegau-West die Kapelle „Emmaus“ eingeweiht wurde, hätte wohl keiner seinen so gewaltigen Zustrom an Besuchern vermutet: Schätzungsweise 400.000 Besucher haben seither die kleine kubusförmige Kirche an der A81 aufgesucht – zum Sonntagsgottesdienst, oder einfach nur, um während der Reise ein bisschen Ruhe zu finden und zu beten.

Von früher Frömmigkeit inspiriert

Die Autobahnkapelle Hegau grüßt schon von Weitem die Vorbeifahrenden. Ihre ungewöhnliche Architektur ist das Ergebnis eines 2003 ausgelobten Wettbewerbs und wird durch drei Kreuze dominiert: das imposante Hochkreuz am Eingang sowie ein tragendes bzw. ein lichtdurchlässiges Glaskreuz in den beiden gegenüberliegenden Kapellen-Schmalwänden. Die archaisch-schlichte Aufteilung des Komplexes ist an die umfriedete Urform kleiner frühchristlicher Klosteranlagen angelehnt: An den von einer hohen Mauer umfriedeter Innenhof schließt sich – verbunden durch einen engen, überdachten Gang – der Kapellenbau an. Diese Anordnung ist ganz bewusst gewählt: Der Eingang zur Anlage ist so eng, dass man nur einzeln hindurchgelangt; man muss zuerst den Hof und den Vorraum passieren, bevor man in den eigentlichen Kirchenraum tritt. Das hilft dabei, zur Ruhe zu kommen – innerlich und auch äußerlich.

Trotz der strengen Linien wirkt die Autobahnkapelle einladend und freundlich. Der Beton strahlt dank einer Beimischung von Basaltmehl wie ein heller Sandstrand, und durch das 7 mal 7 Meter messende Fensterkreuz in der Südfassade kann das Sonnenlicht den Kircheninnenraum ungehindert fluten.

Auch in Hof und Innenraum sind alle Details auf ein schlichtes Minimum reduziert: Der Altar besteht aus einem einfachen Holztisch, die Stühle sind aus Holzrahmen mit Binsengeflecht gefertigt und in den Pfeilernischen stehen Kerzen auf Metallböden. Farbe bringen einzig das Emmaus-Triptychon des Künstlers Bernhard Maier an der rechten Seitenwand und die oberrheinische Pietà aus dem 16. Jahrhundert neben dem Altar.

Die schnörkellose Architektur und Ausstattung des Komplexes strahlt nicht nur Ruhe aus – was besonders gestresste Autobahn-Reisende schätzen –, sondern reduziert auch die Maßnahmen für seinen Unterhalt.

Eine kirchliche Erfolgsgeschichte

In den sechs Jahren ihres Bestehens hat sich die Autobahnkapelle Hegau zu einem Besuchermagneten entwickelt. Jeden Sonntag kommen zahlreiche Anwohner umliegender Gemeinden zum meist ökumenischen Gottesdienst. Daneben nutzen jedes Jahr Tausende Menschen unterwegs – Bus-Reisegruppen, Urlauber und rastende LKW-Fahrer – die Stille zur Meditation und zum Gebet und dazu, ihre Nöte, Sorgen oder Dank im Fürbittbuch niederzuschreiben. Die Lage an einer der schönsten Raststätten Deutschlands mit gutem Restaurant und herrlichem Ausblick auf die Hegaulandschaft macht die Kapelle für Besucher zusätzlich attraktiv.

Die Autobahnkapelle ist nicht nur dank ökumenischer Zusammenarbeit entstanden, sondern wird auch durch sie unterhalten: Die Pflege von Gelände und Gebäude, die (Mit-)Gestaltung von Gottesdiensten und Andachten, die Betreuung der Homepage und die Konzeption von Info-Flyern werden durch konfessionsübergreifendes ehrenamtliches Engagement gestemmt.

(Judith Knöbel-Methner)

Ev. Kirche Baden, 22.07.2011