Triptychon

„Sie standen in eben derselben Stunde auf und kehrten nach Jerusalem zurück.“Der Weg für uns geht weiter, eine Rückkehr in den Alltag mit neuen Augen, mit einem anderen Blick ist möglich. Die Erfahrung von Emmaus lässt nicht weiterhin enttäuschten Hoffnungen nachhängen, sondern bringt dazu, in unseren Alltag zurückzugehen und – gemeinsam – nicht abzulassen von dem, wofür „unser Herz brennt“. „Herr, bleibe bei uns…Und es geschah, da er mit ihnen zu Tische sass, nahm er das Brot, dankte, brach es und gab es ihnen.“Die Wandlung der Substanzen in der Natur zu Brot und Wein, die Wandlung der Nahrung zu Leib und Blut des Menschen und schliesslich die Wandlung auf dem Altar zu Leib und Blut Christi als grosses Geheimnis des Werdens und der Wandlung durch alle Ebenen des Seins – „Da wurden ihre Augen geöffnet und sie erkannten ihn.“ „Und siehe…“ beginnt der Evangeliumstext und lädt ein zur Aufnahmebereitschaft. Für das Wesentliche der Geschichte von den beiden Jüngern, die am Ostermorgen, noch voller Zweifel und Trauer über das Geschehene der vergangenen Tage, von Jerusalem nach Emmaus unterwegs sind. „Und siehe…“ könnte auch Einladung des Bildes – ja, der Kapelle hier sein, die wir fragend und suchend unterwegs sind, als „Jünger“ uns zu bewegen, um zu begegnen.

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Die Bilder zur Emmausgeschichte

Die 3 großen Bilder des Künstlers Bernhard Maier in der Autobahnkapelle.
Eine Deutung von
Pfr. Gebhard Reichert

Mose bittet: „Lass mich doch Deine Herrlichkeit schauen!“ Jahwe antwortet: „Mein Angesicht kannst du nicht schauen, denn kein Mensch sieht mich und bleibt am Leben …. siehe, bei mir ist ein Platz, da magst du dich in den Felsen stellen. Wenn dann meine Herrlichkeit vorübergeht, will ich dich in die Höhlung des Felsens stellen und meine Hand über dich decken, bis ich vorübergegangen bin. Wenn ich meine Hand zurückziehe, wirst du meine Rückseite schauen. Aber mein Angesicht darfst du nicht schauen.“ (Exodus – 2. Buch Mose – Kap. 3, 19-23

Alle älteren Bilder zur Emmausgeschichte, die ich kenne, zeigen Jesus in der Mitte der beiden Jünger, wie er ihnen das Brot bricht. Auf den drei großen Tafeln zur Emmausgeschichte in unserer Kapelle ist kein Gesicht zu sehen nur Menschen, die von uns weg gehen. Auf dem mittleren Bild bricht einer Brot. Sein Gesicht sehen wir nicht. Wir erkennen an der Handlung, am Brotbrechen, es ist Jesus. Aber nur der Glaubende „sieht“ in der Geste des Brotbrechens den Herrn.

Mose bittet: „Lass mich doch deine Herrlichkeit schauen!“ – „Wir haben den Herrn gesehen“ rufen die Jünger dem Thomas zu, als er durch die Tür kommt. Thomas aber wischt schroff den Jubelruf seiner Freunde weg: „Wenn ich nicht an seinen Händen das Mal der Nägel sehe und meinen Finger nicht in das Mal der Nägel lege, werde ich niemals glauben“. (Johannesevangelium Kap. 20, 25)

Wir möchten doch sehen und greifen wie Mose und Thomas. Aber wir können Gott nicht schauen. Wir sehen Jesus nicht, der das Brot bricht. Jesus lebt bei Gott. Wie wir Gott nicht sehen können, so können wir auch Jesus nach seiner Auferweckung nicht sehen. Es können die Hände von irgendjemand sein, der auf dem Bild das Brot bricht. Wir vertrauen auf das Wort der beiden: “ Der Herr hat uns das Brot gebrochen.“

Wir „sehen“ Jesus nur im Hören und Bedenken von dem, was er tat und was er sagte; wie er sich von den Jüngern einladen ließ in die Gaststätte, und er ihnen das Brot reichte. In diesem Augenblick erkannten sie, warum ihr Herz brannte, als er ihnen die Schrift erschloss. Wir „sehen“ Jesus, wenn durch ein Wort, eine Geste, von ihm unser Herz schneller zu schlagen beginnt.

Zwei Hände reichen herunter aus der Wolke, die Gott verhüllt, die Jesus verhüllt. Die großen Hände durchbrechen die Proportionen der Menschenwelt auf den Bildern rechts und links. Sie brechen ein Brot und reichen es hin an die, die auf das Bild schauen, reichen es Ihnen und mir. Unsere drei Tafeln unterscheiden sich von vielen Ernmausbildern dadurch, dass sie Jesus nicht zeigen und gerade so auf sein Leben mit und bei Gott hinweisen, auf Gott, den Unsichtbaren.

Die Bilder von Herrn Bernhard Maier sind Piktogramme: Wegzeichen, hin zu Jesus dem Lebendigen. Alle drei Bilder erzählen die Geschichte der Menschen „unter der Wolke Gottes“ – und Gottes Geschichte unter den Menschen. Auf dem ersten Bild gehen zwei. Dann gesellt sich ein Fremder zu ihnen. Ihre Umrisse verblassen in erdigen Tönen. Sie gehen einen Erdenweg: unsern Weg!

Trauer und Schmerz bewegt die beiden. Der Fremde – wir wissen, es ist Jesus – sagt ihnen: „Begreift ihr denn nicht?“- Und er deutet ihnen am Schicksal der Propheten sein Leben und seinen Tod in Jerusalem.

Auch die Figuren auf dem 3. Bild sehen wir nur im Rücken. Sie gehen weg von uns unter der blauen Wolke. In einem breiten Strom gehen sie. Es gibt viele Wege dem Licht entgegen. Sie ziehen uns Betrachter, Sie und mich, in das Bild hinein, in den Strom der Gehenden. Aber jeder muss sich entscheiden, ob er sich der Gruppe anschließen will. Keiner von den Menschen auf dem 3. Bild geht allein. In der Bewegung einer Hand oder einer angedeuteten Drehung des Kopfes hin zum andern gehen sie ihren Weg, wie Erzählende. Viele sind ihnen vorausgegangen, und haben durch ihr Gehen den Weg offen gehalten. Alle gehen dem Licht zu.Erst im Gehen werden wir gewiss, dass wir das Ziel auch erreichen.

Noch einmal zurück zum mittleren Bild. Es zeigt uns verhüllt den auferstandenen Herrn. Der Tisch in der Gaststätte von Emmaus ist der Altar in der Kapelle. Der Tisch bei Ihnen Zuhause, an dem sie mit ihren Angehörigen sitzen und essen, ist ein Ort den Herrn zu treffen: Ihr Tisch ist zugleich der Altar in der Kapelle. Die Menschen auf dem dritten Bild ziehen uns mit auf den Weg – mitten in unserem Alltag hin zum Licht. Auf dem mittleren bricht der Herr selbst uns das Brot zur Stärkung auf diesem Weg dem Licht zu. Das dritte Bild sagt Ihnen und mir: Dein Tod ist nicht das Letzte: Du gehst wie die vielen dem Osterlicht entgegen.

Gebhard Reichert